Prof. Dr. Walter Fähnders | |||
Über den Verleger Jes Petersen | |||
Osnabrück, 1996 | |||
Den Namen Jes Petersen hörte ich zum ersten Mal aus dem Munde von Cläre Jung - Ende der 60er Jahre, als es um die | |||
Vorbereitungen zu einer Neuausgabe der Schriften von Franz Jung ging. Für Cläre Jung war Jes Petersen deshalb wichtig, | |||
weil dieser während der letzten Lebensjahre von Franz Jung (Franz Jung starb 1963) einen Neudruck seiner furiosen Novelle | |||
Der Fall Grosz vorbereitet und zu dieser Zeit einer der wenigen gewesen war, der sich für Jung und sein Oeuvre überhaupt | |||
interessierte. Ich erinnere mich auch des schmalen Heftes mit dem ironisch-anzüglichen Titel Für den anspruchsvollen Leser. | |||
Einführung in die Schriftenreihe der Petersen Press von 1962, den Cläre Jung vorzeigte. Jung hatte den Einführungstext, | |||
Meinen Gruß zuvor, verfasst, übrigens einer der letzten Arbeiten, die Jung noch selbst veröffentlichte. | |||
Mit sicherem Gespür für unbequeme und unterdrückte literarische Traditionen suchte Jes Petersen mit dem - dann leider nicht | |||
zustande gekommenen - Neudruck des Fall Grosz dazu beizutragen, einen so wichtigen Autor wie Franz Jung der | |||
Vergessenheit zu entreißen. Auch mit Textausgaben von Kurt Schwitters und Raoul Hausmann sowie dem Druck (mit folgender | |||
Beschlagnahme) von Oskar Panizzas mittlerweile berühmten Stücks Das Liebeskonzil hat sich Jes Petersen um Autoren von | |||
Moderne und Avantgarde, die quer zum etablierten literarischen Kanon stehen, verdient gemacht - mit großer verlegerischer | |||
Kompetenz, mit sicherem Kennerblick und imponierendem Engagement. | |||
Eine persönliche Bekanntschaft mit Jes Petersen hat sich dann anlässlich der Feier des Geburtstages von Franz Jung am | |||
26. November1995 im Berliner 'Torpedokäfer' ergeben. Spontan ist dabei der Plan entstanden, gemeinsam mit dem | |||
Jung-Forscher Andreas Hansen die einschlägigen Korrespondenzen von Petersen und andere Papiere durchzugehen, ggf. | |||
zu ordnen und computergestützt zu erfassen - steht doch zu vermuten, dass zur Geschichtsschreibung der literarischen | |||
Moderne und ihrer Rezeption sich dort aufschlussreiche Dokumente finden, die der literarischen Auswertung, die mir am | |||
Herzen liegt, harrt. Ich hoffe, dass diese Arbeit bald beginnen kann. | |||